Medialab
Donbass

Wir wollen mehrtägigen Medienwerkstätten mit Lokaljournalismus-Schwerpunkt in den mittelgroßen Städten der ostukrainischen Region Donbass für junge Erwachsene durchführen. Die in diesen Werkstätten entstandenen Artikel und andere Medienprodukte wollen wir auf einer dafür geschaffenen Webplattform und/oder in anderen, vorzugsweise lokalen Medien publizieren. Darüber hinaus ist eine einwöchige Sommerschule mit den aktivsten Teilnehmer*innen der Medienwerkstatt in der Ukraine geplant.

Problembeschreibung:
Im Zuge von Ukraine-Aufenthalten haben wir bemerkt, dass sich ein Großteil westlicher bi- und multilateraler Projekte im Medienbereich und Journalismus auf die Hauptstadt Kiew bzw. Großstädte wie Dnipro, Charkiw oder Lemberg konzentriert. In den industriell geprägten Städten der Donbass-Region, einer Region, die unmittelbar vom militärischen Konflikt und seinen Folgen betroffen ist, gibt es dagegen kaum Angebote.

Gerade in Konfliktgebieten könnte jedoch ein faktenbasierter Lokaljournalismus dabei helfen, Missstände vor Ort anzusprechen, zwischen sozialen Gruppen zu vermitteln und Lösungswege für gesellschaftliche Probleme zu skizzieren. Indem soziale Probleme frühzeitig erkannt und benannt werden, kann Berichterstattung Konflikten vorbeugen bzw. bestehende Konflikte deeskalieren helfen.

Viele Jugendliche in der Donbass-Region sind im Züge des jüngsten Konfliktes desorientiert und sehen für sich weder eine berufliche noch ein gesellschaftliche Perspektive. Einige haben auch traumatische Erfahrungen hinter sich und finden nur schwer eine Ausdrucksmöglichkeit dafür.

Unsere Ziele:

  • Die Sensibilität der Jugendlichen für ihre Umgebung zu erhöhen, einen kritischen Blick auf soziale Probleme und Missstände zu entwickeln, diese gemeinsam zu diskutieren, zu Papier zu bringen und damit womöglich etwas vor Ort zu verändern.
  • Durch das Vermitteln journalistischer Grundlagen und erster eigener Schreiberfahrungen wollen wir das Interesse bei jungen Erwachsenen am Berufsfeld Journalismus wecken und gleichzeitig eine kritische Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Folgen von Medienberichterstattung bewirken.
  • Schreiben in journalistischer Form ist ein Weg, eigene Gedanken geordnet zu Papier zu bringen, sich der eigenen Lage zu vergegenwärtigen und nach Lösungsansätzen zu suchen. Gerade in einer Konfliktumgebung wie den frontnahen Gebieten gibt es oft einen Mangel an Ausdrucksmöglichkeiten, es überwiegen Ohnmacht, Leid, Aggression, Unterdrückung von Gefühlen. Gemeinsam mit den Teilnehmer*innen wollen wir in den Medienwerkstätten Instrumente und Ausdrucksmöglichkeiten entwickelt werden, die dieser Situation kreativ begegnen.

Unsere Mitstreiter*innen:
Junge Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren, die in den Städten der Donbass-Region leben und sich für Journalistik interessieren.

Unsere Maßnahmen:
Medienwerkstatt
Im Rahmen unseres Projekts planen wir fünf mehrtägige Werkstätte mit jeweils ca. acht bis zwölf jungen Erwachsenen in den Städten Kramatorsk, Slowjansk, Druschkiwka, Severodonetsk und Mariupol. In diesen Städten betreibt unsere ukrainische Partnerorganisation, die Lviv Education Foundation, Jugendzentren, wodurch wir ein Kontakt zur Jugendlichen haben können und die Infrastruktur von Jugendzentren nutzen können.

In diesen Seminaren lernen die Teilnehmer*innen die Grundlagen des Journalismus kennen, schlagen selbst ein Thema für ihre Recherchen vor und arbeiten an diesem Thema unter Betreuung erfahrener Kolleg*innen. Mögliche Themen für Recherchen: verwahrloste öffentliche Flächen, fehlende Angebote für aktive Jugendliche, Müll, Umweltschutz, Korruption an den Universitäten, etc.

Webplattform
Es ist eine Webseite angedacht, auf der die Veröffentlichungen der Teilnehmer*innen der Medienwerkstätten publiziert werden. Sie bietet aber gleichzeitig auch Raum für  Diskussion und Vernetzung. Die Webplattform sehen wir auch als möglichen Basis für ein Netzwerk an Journalistik-interessierten Jugendlichen im Donbass.

Sommerschule
Als vorläufiger Abschluss des Projekts wollen wir in der Stadt Mariupol eine einwöchige Sommerschule veranstalten, in der die in den Medienwerkstätten erworbenen Fertigkeiten vertieft werden. Verschiedene Kurse (Multimedia-Reportage, klassische Reportage, Foto-Workshop) stehen den Teilnehmer*innen zur Auswahl.  Die bestehende Webplattform wird zur Publikation der Arbeiten genutzt. Während die Recherche-Themen in den Medienwerkstätten von den Jugendlichen selbst vorgeschlagen werden, wollen wir bei der Sommerschule mit dem Themenfeld „Konflikt/Konsens/Kompromiss“ einen Nachdenkprozess über familiäre, soziale, politische und andere Konflikte und ihre Lösung anregen.

Unsere Aktivitäten:
https://www.facebook.com/MediaLabDonbass/

Unsere bisherigen Projektpartner:
Außenstelle für Bildungs- und Wissenschaftsangelegenheiten der Österreichischen Botschaft in der Ukraine
OEAD Kooperationsbüro Lemberg
VILna HAta, Kramatorsk (ВIЛЬна ХAта)
Lviv Education Foundation


Elena Jerzdeva und Jutta Sommerbauer


Elena Jerzdeva und Jutta Sommerbauer


Elena Jerzdeva hat Journalistik in Minsk (Belarus) studiert und das postgraduale Masterstudium „Medien und interkulturelle Kommunikation“ an der Europa‑Universität Viadrina und St. Kliment‑Ohridski Universität in Sofia, absolviert. Sie ist Obfrau des Vereins Europäische Medien Initiative (EMI e.V.) und initiiert seit vielen Jahren Projekte im Bereich Journalist*innenfortbildung und Gender und Medien. Am Internationalen Journalisten-Kolleg der FU Berlin hat sie das Programm „Journalisten International“ koordiniert.

Jutta Sommerbauer hat Politikwissenschaft in Wien (Österreich) studiert und ebenfalls das Masterstudium "Medien und interkulturelle Kommunikation" abgeschlossen. Sie ist Redakteurin und Reporterin bei der Tageszeitung "Die Presse" und berichtet schwerpunktmäßig über die Ukraine und Russland. Sie war als Trainerin in der Journalistenfortbildung unter anderem in Österreich, Rumänien, Georgien und Belarus tätig.

Europäische Medieninitiative


Europäische Medieninitiative

Die EMI e.V. ist ein Verein von engagierter Journalist*innen, die sich zum Ziel gesetzt haben, einen unabhängigen und kritischen Qualitätsjournalismus in Osteuropa zu fördern. Die EMI will so einen Beitrag zur Völkerverständigung und zur Unterstützung der Pressefreiheit leisten.

Der Verein hat sich nach seiner Gründung überwiegend auf Projekte in Belarus konzentriert, wo der unabhängige und kritische Journalismus unter Repressalien seitens des Staates zu leiden hat. Seit über zehn Jahren engagiert sich EMI e.V. um Austausch zwischen Medienschaffenden aus Belarus und Deutschland. Der Verein hat mehrere Medienseminare in Minsk für Journalistik-Studierende und zahlreiche Bildungsreisen nach Deutschland für belarussische Lehrkräfte durchgeführt. Die Projekte an der Fakultät für Journalistik wurden in Rahmen der von der Bundesregierung unterstützten Förderprogramm Belarus durchgeführt. Der Verein möchte nun seine Tätigkeit auf die Ukraine ausweiten.